Der Verein Förderer Termine & Veranstaltungen Mitglieder & Eltern Gästebuch Presse & Aktuelles Outdoor-Bedarf Links

Pädagogisches Konzept

Leben und Lernen mit allen Sinnen - ganzheitliches Lernen

1. Bewegung und Körpererfahrung
2. Förderung der Sinneswahrnehmung
3. Naturerfahrung
4. Fantasie, Kreativität und Spielmaterial
5. Soziales Lernen -Inklusion
6. Gesundheit
7. Schulfähigkeit - Großengruppe
8. Ziele und Methoden
9. Zusammenarbeit mit Eltern – Bildungs- und Erziehungspartnerschaft
10. Tagesablauf mit Ritualen und Regeln
11. Anhang:
- Eingewöhnungsmodel des Waldkindergartens
- Schulfähigkeit und „Großengruppe“
- Beschwerdemanagement

Download PDF [236 KB]

1. Bewegungs- und Körpererfahrung

- Förderung der Psychomotorik

„Vordringlicher, als den Bewegungsexperten „Kind“ in Bewegung unterweisen zu müssen, ist, ihm den Schlüssel zu seiner Bewegung zu erhalten oder wiederzugeben: originären Raum.“ (Kleine, 2003)
Kinder sind fast immer in Bewegung und oft ist ihr bewegtes Tätig sein eingebunden in Spielhandlungen – Bewegung und Spiel sind daher eng miteinander verknüpft. In und durch Bewegung begegnen Kinder ihrer dinglichen wie sozialen Umwelt, sie sammeln Erfahrungen in ihr, explorieren und lernen. Spiel und Bewegung werden so zu zentralen Vehikeln kindlicher Bildungs-, Lern- und Entwicklungsprozesse. Die Gelegenheit vielfältigen Bewegungsimpulsen nachzugehen, schult mithin nicht allein motorische Fähigkeiten und die Wahrnehmung des eigenen Körpers sondern eröffnet den Kindern neue und bislang unbekannte Wahrnehmungs- und Erfahrungsräume. Die Erweiterung der Bewegungs-möglichkeiten und damit einhergehend die Ausdehnung von Erfahrungs- und Erkenntnisfeldern führt zu einer wachsenden Ausdifferenzierung der kognitiven, emotionalen und sozialen Wahrnehmungs- und Ausdrucksfähigkeiten der Kinder. Bewegung erfüllt in der kindlichen Entwicklung unterschiedliche Funktionen, wie die Tabelle im Anhang aufzeigt.

Damit sie sich aber in mannigfaltiger Weise bewegen können, brauchen Kinder einen entsprechend ausgestalteten Raum. Hier zeigt sich, dass der Wald auf Grund seiner autonomen Strukturierung (seine Beschaffenheit und Ausgestaltung unterliegen unkontrollierbaren natürlichen Prozessen, die sowohl Kontinuität als auch Veränderung umschließen) eine Fülle an Bewegungsanlässen bereithält - sie klettern auf Bäume und Wurzelteller, balancieren über Stämme und laufen auf verschiedenen Untergründen. Im selbstbestimmten Spiel begegnen die Kinder im weitläufigen Wald diversen Explorationsanreizen, die zu Bewegung einladen; dabei werden die „zweckfreien“ Naturmaterialien zum Gegenstand kreativer, spielerischer Verwendung.
Die Kinder haben im Wald die Chance, sich an herausfordernde räumliche Strukturen anzupassen: sie klettern, balancieren, springen, hangeln, rennen oder kugeln hinunter. Sie lernen Gefahren einzuschätzen, sie zu bewältigen oder zu meiden. Ihr Selbstbewusstsein wird durch die Erfahrung eigener Fähigkeiten und Beschränkungen gestärkt. Sie erleben die Möglichkeiten und die Grenzen ihres Körpers und lernen diese sowohl zu akzeptieren als auch auszudehnen. Dadurch wächst Vertrauen in das eigene Potential – eine wesentliche Grundlage selbstständigen Handelns.

Selbstbewusstsein durch Selbst- bzw. Körpererfahrung
Ein vordringliches Ziel der Waldpädagogik ist es, Kindern zu ermöglichen, positive Körpererfahrungen zu sammeln, da sie mit dazu beitragen die eigene Identität und ein angemessenes Selbstkonzept zu entwickeln.
Ausreichende Möglichkeiten der freien Bewegungsentfaltung vermitteln den Kindern Informationen über ihren Körper; Eigenwahrnehmung und Bewegungskoordination werden geschult und nicht zuletzt tragen reichhaltige Bewegungserfahrungen zu einem positiven Selbstwertgefühl bei.

2. Förderung der Sinneswahrnehmung

Der Wald nährt und erholt die Sinne zugleich.
Kinder nehmen die Welt mit allen Sinnen wahr. Sie erkunden sie über das Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten und alle weiteren Sinne (Temperatursinn, Schmerzempfindung, Gleichgewichtssinn, Körperempfindung). Die sinnliche Wahrnehmung bildet die Grundlage der kindlichen Auseinandersetzung mit der Umwelt, erste sinnliche Erfahrungen werden zum Ausgangspunkt von Bildungs- und Lernprozessen.
Der Wald bietet unseren Waldkindergartenkindern eine Fülle von Sinnesreizen: real und authentisch durch unmittelbare Begegnung. Jeder Stock hat eine andere Oberfläche, modriges Holz riecht anders als frisch geschlagenes, das Moos auf dem Waldboden ist weich, Blätter rascheln, der Waldboden dampft nach einem Sommerregen, das Leben wimmelt im und auf dem Boden, auf der Rinde schiebt sich eine Raupe Millimeter um Millimeter vorwärts. All das veranlasst zum genauen Hinsehen und Verstehen.
Derartig vielseitig geschulte Sinne erlauben eine zunehmend differenzierende sowie aufmerksam-sensible Wahrnehmung der Phänomene des kindlichen Tätigkeitsraumes. Die umfassende Aktivierung der Sinnestätigkeit soll nach Ansicht der Neurowissenschaften dazu beitragen die Bildung von Synapsen zu unterstützen: Je vielfältiger die Umweltreize sind umso komplexere werden die Verknüpfungen zwischen den Nervenzellen.
Doch genauso wie Kinder ein Bedürfnis nach neuen, interessanten Reizen haben, die zu Erkundung und Exploration auffordern, ist ihnen auch der Wunsch nach Rückzug, Ruhe und Erholung zu eigen – ein Bedürfnis, dem im Wald ausreichend Raum gegeben werden kann. Manche Aspekte des Waldes erschließen sich zudem erst im ruhigen Verweilen: konzentriertes Beobachten und Experimentieren ebenso wie Träumen und Nachspüren eröffnen neue Zugänge zur eigenen Person und zum Umfeld.
So wechseln sich Toben, Rennen, Klettern, Erkunden mit konzentriertem, ruhigem, in sich gekehrtem Erforschen und Sinnieren ab. Im weitläufigen, strukturreichen Wald können Kinder zudem sowohl laut sein ohne andere zu stören als auch Rückzugsräume finden – lautstärkebedingter Stress wird so vermieden.
Unsere Kinder erleben die Stille. Sie trainieren das Lauschen und das Differenzieren von Geräuschen. Wir unterstützen das mit einer täglich wiederkehrenden Stilleübung, der „Lauschezeit“.

3. Naturerfahrung

Werden Erwachsene nach eindrücklichen positiven Kindheitserinnerungen befragt, zeigt sich, dass bei vielen der Aufenthalt in der Natur eine zentrale Rolle spielt. Natur und Kindheit gehören in gewissem Sinne zusammen; Kinder ziehen natürliche den künstlichen Umwelten vor, wahrscheinlich weil sie hier ein größeres Maß an Freiheit, Gestaltungsmöglichkeiten und Selbstbestimmtheit erleben.
In der Kindheit dominiert ein stark emotional geprägtes Verhältnis zur Natur – sie wird als Ort der Freiheit, der Entdeckung und der Sicherheit erlebt. Der tägliche Aufenthalt im Wald erlaubt Natur unmittelbar und ganzheitlich zu erfahren. Der Wald wird auf subjektive Weise empfunden, wahrgenommen und erlebt und dabei die natürlichen Gebilde, Erscheinungen und Prozesse – oft im Austausch mit anderen – sinnlich, gedanklich und begrifflich erschlossen.
Naturerfahrung, so legen es vielfältige Studien nahe, bildet eine wichtige Grundlage kindlicher Entwicklung, nicht zuletzt da sie dem elementaren menschlichen Bedürfnis nach Naturbegegnung entspricht. Naturerfahrung unterstützt Kinder in unterschiedlichen Entwicklungsbereichen:

- Sinnliche Wahrnehmung
- Wahrnehmung eigener und fremder Emotionen
- Kreativität und Fantasie
- Fein- und Grobmotorik
- Kognition
- Selbsterfahrung bzw. -vertrauen
- Gestaltung sozialer Beziehungen
- Achtsamkeit im Umgang mit der Umwelt

In der Naturerfahrung werden zwei grundlegende Bedürfnisse befriedigt: das Bedürfnis nach Sicherheit bzw. Vertrautheit und jenem nach Exploration. Die Natur bietet eine optimale Zusammensetzung und Intensität von Reizen: sie sind nicht nur vielfältig, sondern es lassen sich neben vertrauten auch neuartige, unbekannte Reize finden. Die Verbindung von Kontinuität, die Sicherheit bietet, und Veränderung regt zu Exploration an. Im Wald begegnen die Kinder sich stets wandelnden und teilweise aus eigener Kraft veränderbaren Dingen und sie erfahren dabei, dass es im Naturraum viel zu entdecken und zu gestalten gibt, eigenaktive Weltaneignung wird so möglich. Dem Unbekannten zu begegnen und es sich vertraut zu machen, sich in und mit ihm zu bewähren, stärkt zudem das Selbstwertgefühl.
Darüber hinaus sammeln Kinder in der Natur weitere Erfahrungen, die wichtig für die kindliche Entwicklung sind:

- Geduld (nicht alles ist immer und sofort verfügbar) & Aufbau von Frustrationstoleranz
- Verbundenheit Umgang mit Unkontrollierbarem (Natur ist eigenwillig)
- Umgang mit Widerständen (Mancher Stein ist (noch) zu schwer, mancher Ast (noch) zu hoch)
- Selbstwirksamkeit (Die Erfahrung durch eigenes Handeln Probleme bzw. selbstgestellte Aufgaben zu lösen).

Im täglichen Umgang mit der Natur erleben Kinder hautnah die sich beständig wiederholenden natürlichen Kreisläufe und Prozesse. Sie spüren den Rhythmus der Jahreszeiten, die unterschiedlichen Qualitäten von Frühling, Sommer, Herbst und Winter – die Vegetation, das Wetter, das Verhalten der Tiere verändern sich, Pflanzen und Tiere passen sich den Jahreszeiten an. Wachstum und Vergehen werden unmittelbar erspürt und erfasst. Die Kinder werden empfänglich für die Zusammenhänge und Abhängigkeiten im Leben von Pflanzen, Tieren und Menschen und sie entwickeln einen achtsamen und sanften Umgang mit der Natur, der seinen Ausdruck in entsprechenden Werthaltungen findet. Die Kinder lernen behutsam zu sein, um einen Käfer auf der Hand laufen zulassen, um Tiere die sie beobachten wollen nicht zu erschrecken, um etwas das sie aufheben wollen nicht zu verletzen. Sie entwickeln so Nähe und Verbundenheit zu anderen Lebewesen.
Solche Erlebnisse im Kindesalter schaffen die Grundlage für einen, auch in späteren Jahren, respektvollen Umgang mit allem Lebenden!
Die Kinder spüren die Ruhe und gleichzeitig die Lebendigkeit des Waldes. Die äußere Vielfalt spricht auch die innere Vielfalt, die innere Lebendigkeit der Kinder an.
Weitere Aspekte der Naturerfahrung:

Vielfalt des Lebens erkennen
Die Natur bietet eine unermessliche Vielfalt an Formen, Farben, Lebensweisen und lehrt uns dabei, dass andere anders sind und dass dies völlig natürlich ist.

Zuhören und genau hinsehen lernen
Die Natur lehrt hinschauen, hinhören, zuhören. Auch scheinbar Bekanntes ist immer wieder überraschend.

Natur und Identität
Die Wahrnehmung von Naturprozessen kann dabei helfen, Begriffe und Erklärungen zu finden für Vorgänge und Erlebnisse, die die eigene Person betreffen: Aufblühen, Wachstum, Reifen, Aufbrausen, Entladen… Naturobjekte werden als bedeutungstragende Symbole begriffen, die für die Erklärung des eigenen Selbst herangezogen werden können.

Selbsterfahrung
Die Natur bietet den Raum und die Möglichkeit sich selbst zu spüren. Das Erlebnis ausgelassenen Spielens, die Möglichkeit kreativer Entfaltung, das Erfahren des eigenen Körpers und dessen Grenzen, sind wichtig für eine ganzheitliche Erfahrung und angemessene Einschätzung der eigenen Person.

Leben und Tod
In der Natur ist die Endlichkeit des Individuums gegenwärtig und angstfrei erlebbar. Tote Tiere und abgestorbene Pflanzen können zum Ausgangspunkt einer reflexiven Auseinandersetzung mit Sterben und Tod werden.

Wahrnehmung von Zeit
Die Natur mit ihren vielfältigen Rhythmen, den unterschiedlichen Jahres- und Tageszeiten, Wetterlagen und Vegetationsstadien erlaubt die Wahrnehmung von Zeit und Veränderung. Der Morgen ist anders als der Mittag, der Abend oder die Nacht. Der Winter eröffnet andere Tätigkeiten und Möglichkeiten und damit auch andere Erfahrungsinhalte.

4. Spiel und Kreativität

Das Spiel ist die zentrale Tätigkeitsform des Menschen in der frühen Kindheit. Im Waldkindergarten wird dem Freispiel – dem durch die Kinder selbstständig gestaltetem Spiel – ein hoher Stellenwert zugesprochen. Spiel findet hier vornehmlich unter bzw. zwischen Kindern statt und wird so zur Möglichkeit des sozialen Lernens unter Peers. Sind Kinder unter sich, Gleiche unter Gleichen, müssen sie, um spielen zu können, in der Gruppe alles selbst tun: Regeln aushandeln, Spielinhalte besprechen, planen, spielen und das Spielen reflektieren.

Sie bauen ihre Möglichkeiten zur Selbstregulation aus (Fähigkeit des Kindes, eigenes Verhalten entsprechend den kognitiven, emotionalen und sozialen Anforderungen einer bestimmten Situation zu modulieren), entwickeln Verständnis für soziale Erwartungen (Erkennen, was andere Menschen in der aktuellen Situation und Position von einem erwarten) und schulen bzw. entwickeln die Fähigkeit zur sozialen Integration, der Konfliktlösung und zu sozial verantwortlichem Handeln.

Durch Spielen vervollkommnen Kinder zudem ihre körperlichen und geistigen Fähigkeiten und eignen sich die grundlegenden Regeln unserer Kultur an. Im Spiel lernen Kinder lustvoll und freiwillig, der Lerninhalt wird selbstständig ausgewählt und die Kinder zeigen Freude, Motivation und Ausdauer, wodurch entscheidende Grundlagen von Lernprozessen erprobt und gefestigt werden. So verwundert es nicht, dass Studien eine Beziehung zwischen dem Grad der Eigensteuerung des frühkindlichen Spielverhaltens und Schulleistungen im ersten Schuljahr nachweisen. Dies liegt auch an der im Spiel aktivierten Symbolisierungsfähigkeit (Ein Stock wird erst zum Besen, dann zum Schwert, das Kind ist eine Hexe, dann ein Ritter) die als bedeutsam für die Sprachentwicklung, Kreativität, Problemlösefähigkeit und die Fähigkeit zum Perspektivenwechsel angesehen wird. Im Spiel lassen sich vielfältige sprachlich-kognitive Aspekte wie das Beschreiben, Bezeichnen, Erklären, Rechtfertigen, Begründen oder die kooperative Suche nach Lösungen erkennen. Daneben sind im Spiel nichtsprachliche Kommunikationsformen bedeutsam, v.a. im Rollen- und Fantasiespiel.

Neben sozial-emotionalen, sprachlichen und kognitiven Lernprozessen werden im Spiel und insbesondere im Wald motorische Impulse gesetzt. Das kindliche Spiel benötigt verschiedene Vorrausetzungen um seinen entwicklungsförderlichen Charakter entfalten zu können. So bedarf es beispielsweise der Freiheit hinsichtlich des Umgangs mit Material, hinsichtlich der Spielideen, der SpielpartnerInnen, der Spieldauer, der Regeln und Vorgaben sowie der Überschaubarkeit bezüglich Raum, Zeit und Gruppengröße. Im Wald sind diese Bedingungen gegeben; Material und Raum stehen in nahezu unbegrenzter Menge und Form zur Verfügung und SpielpartnerInnen bzw. Inhalte können frei gewählt werden.

Im Waldkindergarten spielen die Kinder vorwiegend mit Dingen die die Natur bietet zum Beispiel mit Stöcken, Steinen, Blättern, Gräsern, Eicheln, Zapfen, Rinde, Moos. All diese Dinge haben keinen vorbestimmten Spielzweck und regen zum selbstständigen Gestalten, zum Experimentieren und zum Erfinden an – Kreativität sowohl in gestalterischer, sozialer als auch kognitiver Hinsicht findet ihren Ausdruck. Der Stock wird zu Bohrmaschine und vielleicht kurze Zeit später zur Angel, mit der man „Blätter-Fische“ angelt. Der Baumstamm, mit dem die Kinder gestern noch zum Mond geflogen sind, wird heute zum gefährlichen Krokodil. Ein umgekippter Baum wird zum Ladentisch, Zapfen, Blätter und Federn zu den Waren. So bieten die vielfältigen Materialien unerschöpfliche Möglichkeiten zum Spielen.

Zusätzlich haben die Kinder die Möglichkeit mit Seilen, Tüchern, der Hängematte und dem Handwerkszeug wie Hammer, Raspeln, Sägen und Schaufeln zu spielen. Je nach Wetterlage bauen wir Seilbrücken oder haben die Malutensilien dabei. Nach entsprechender Einweisung und Erfahrung können die Kinder einen Werkzeugschein machen und dürfen nun selbstständig mit den Schnitzmessern arbeiten. Zudem werden meist Bücher mitgenommen, die vorgelesen und betrachtet werden.

5. Soziales Lernen

Im Kindergarten bewegen sich sowohl die Fachkräfte als auch die Kinder in einem sozialen System mit vielfältigen verschiedenen Persönlichkeiten und Charakteren. Einen angemessenen Umgang miteinander zu finden, dem die Balance zwischen Anerkennung und Wertschätzung von Individualität auf der einen und der Integration in Gruppenprozesse und der Achtung der Bedürfnisse anderer Personen auf der anderen Seite gelingt, ist unser Anliegen. Dabei zeigt sich, dass gerade im Waldkindergarten die Identitätsentwicklung, die Erkenntnis individueller Besonderheiten, Wünsche und Themen ebenso Raum finden wie das Bedürfnis nach Integration und Teilhabe, das als eine Grundlage des Erwerbs sozialer Fertigkeiten begriffen werden kann. Gerade im Spiel geht es in hohem Maße um Kommunikation und Interaktion – Spiel ist daher ein Lernfeld für soziale und sprachliche Kompetenzen. Die Kinder müssen sich darüber verständigen was sie selbst wollen, erkennen was der andere will, wo sie Gemeinsamkeiten finden, wie sie Kompromisse schließen d.h. es geht sowohl um die eigene Identität als auch um das Gemeinsame, Wege der Integration in eine Gemeinschaft. Gleichzeitig spielt die Aushandlung von Bedeutung eine zentrale Rolle (wie verhält sich eine Mutter im Vater-Mutter-Kind-Spiel, ist der Stock ein Besen oder ein Löffel?). Dabei wird nicht nur ein gemeinsames Verständnis der verhandelten Thematik hergestellt, sondern auch Formen sozialer Interaktion erprobt, verworfen, modifiziert oder gefestigt. In der Spielgruppe begegnen Kinder zudem bislang unbekannten Verhaltensweisen, Ideen, Vorstellungen und Zugängen zu bestimmten Themen, die sie so aus ihrer Familie und deren Umfeld nicht kennen, sie haben Teil an Geschichten, die sie selbst nicht erlebt haben und auf diese Weise weitet sich ihr gedanklicher Horizont und letztlich auch ihre Handlungsfähigkeit.

Im Spiel im Naturraum Wald sind Kinder oftmals aufeinander angewiesen, herausfordernde Situationen sind allein durch gegenseitige Hilfe zu meistern wie z.B. das Besteigen eines Hügels oder das Tragen eines schweren Astes. Die Vorzüge und der Genuss kooperativen Handelns werden erlebt und motivieren zu prosozialem Verhalten. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass Mädchen ebenso wie die Jungen der Gruppe die gleichen „Abenteuer“ und Schwierigkeiten zu meistern haben, wodurch stereotypen Rollenzuschreibungen entgegengewirkt wird und beide Geschlechter als gleichwertig erlebt werden. Im gemeinsamen Alltag von Jungen und Mädchen im Kindergarten entwickeln die Kinder nicht nur ihre eigene Geschlechtsidentität, sondern erfahren zudem die Unterschiede zwischen den Geschlechtern, die als Bereicherung anerkannt und wertgeschätzt werden. Insgesamt stehen jedoch nicht die Unterschiede im Vordergrund – vielmehr erleben die Kinder, dass Mädchen und Jungen über die gleichen Interessen, Fertigkeiten und Talente verfügen können.

Im gemeinsamen Rollenspiel schlüpfen die Kinder in verschiedene Rollen, sie übernehmen eine neue Perspektive, entwickeln Empathie und erproben unterschiedliche Möglichkeiten die jeweilige Rolle auszugestalten, so dass ein Verständnis der Bedingungen und Strukturen gelingender sozialer Interaktionen aufgebaut werden kann. Geteilte positiv besetzte Erfahrungen begründen und stärken das Gruppenbewusstsein und stellen ein Gefühl der Zugehörigkeit und Sicherheit her.
Die beruhigende Atmosphäre in der Natur, die Weite des Waldes und die Möglichkeit sich je nach Bedürfnis entweder raumgreifend und auch laut auszutoben oder aber sich zurückzuziehen, erklären die im Vergleich mit Regeleinrichtungen deutlich geringere Häufigkeit von Konflikten. Konflikte treten aber natürlich auch in einem Waldkindergarten auf und werden von uns als Chance der Weiterentwicklung und kreativen Lösungssuche begriffen.

Die Kinder erproben soweit möglich eigenständig Strategien um Konflikte friedlich und fair zu lösen und werden dabei durch die Fachkräfte begleitet. Im Rahmen von "Besprechungen" (mit oder ohne Fachkraft), Regel- und Rollenspielen werden Wege gesucht und gefunden Streitigkeiten zu lösen und lebendige Gruppenprozesse zu initiieren.
Ein dynamisches Gruppengeschehen macht die Kinder vertraut mit den Schwierigkeiten und Vorteilen des Zusammenlebens in einer Gemeinschaft. Sie lernen auf einander Rücksicht zu nehmen, die Bedürfnisse und Gefühle der anderen Kinder wahrzunehmen, Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen und die Konsequenzen ihres Tuns zu tragen.

Wir haben im Waldkindergarten relativ wenige und konkret nachvollziehbare Regeln (siehe Tagesablauf und Regeln). Einige weitere Regeln ergeben sich aus einer spezifischen Situation heraus und sind Gegenstand der Absprache zwischen den Kindern oder aber zwischen den Kindern und den Fachkräften. Im Idealfall wird die Notwendigkeit von Regeln und deren Einhaltung aus eigener Einsicht nachvollziehbar. Das Verständnis für die Bedeutsamkeit von Regeln und die Bereitschaft sie einzuhalten, resultieren auch aus der Partizipation an ihrer Entwicklung und Aushandlung. Aus diesem Grund werden die Kinder bei der Erarbeitung von Regeln beteiligt. Partizipation spielt zudem in weiteren Zusammenhängen eine Rolle – so haben die Kinder teil an bestimmten Planungen, etwa der morgendlichen Verständigung über den zu besuchenden Waldplatz. Dabei lernen sie ihre eigenen Interessen wahrzunehmen, zu kommunizieren und zu vertreten. Kompromisse auszuhandeln und die Bedürfnisse anderer nachzuvollziehen.
In altersgemischten Gruppen (erweiterte Altersmischung) ergeben sich sowohl für die jüngeren als auch die älteren Kinder vielfältige Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten. Die Älteren treten als Verhaltensmodelle für jüngere Kinder auf und bieten ihnen Orientierung, es entstehen längerfristige Freundschaften und man beobachtet in altersheterogenen Gruppen vergleichsweise mehr kooperatives und weniger konfliktreiches Verhalten, nicht zuletzt da jüngere Kinder geeignete Modelle der Konfliktlösung von Älteren übernehmen. Diese sind zudem in der Regel rücksichtsvoll und hilfsbereit gegenüber jüngeren, bieten Trost und emotionale Unterstützung. Daneben wirken sich altersgemischte Gruppen förderlich auf die Selbständigkeitsentwicklung bei jüngeren Kindern aus, da sie nicht nur am Modell der Älteren Lernen, sondern von diesen vielfältige Entwicklungsanreize ausgehen. Die älteren Kinder wiederum lernen durch den empathischen wie „führenden“ und verantwortungsbewussten Umgang mit den jüngeren Kindern. Sie lernen Rücksicht zu nehmen, Verständnis zu haben und Geduld zu entwickeln.

Gleichzeitig bieten altersgemischte Gruppen den Vorteil, dass die Kinder aufgrund der heterogeneren Auswahl Spielpartnerinnen finden die Ihren aktuellen Interessen und Themen entsprechen. Der Waldkindergarten verfolgt das Ziel die Selbstachtung der Kinder durch das Entgegenbringen von Achtung, Wärme und eine bedingungslose Annahme jedes einzelnen Kindes zu fördern. In dieser Atmosphäre lernen Kinder gegenseitige Achtung und Wertschätzung.

Inklusion

„ Es ist normal verschieden zu sein.“ Dr. Richard von Weizäcker
Wir versuchen einem inklusiven pädagogischen Ansatz gerecht zu werden, der allen Kindern einen angemessenen Zugang zu Bildung, Erziehung und Betreuung im Waldkindergarten ermöglicht. Es gilt, Menschen in all ihrer Vielfalt, ausgestattet mit unterschiedlichen Lebensentwürfen, Problemen, Herkünften und Fähigkeiten anzuerkennen und jedwede Form der Aussonderung zu vermeiden. Stattdessen betrachten wir Heterogenität als gewinnbringenden, positiven Ansatzpunkt unserer pädagogischen Vorgehensweise. Dabei bezieht sich Heterogenität auf unterschiedliche Aspekte:

- Ethnischer, kultureller, religiöser Hintergrund
- Soziale Lage
- Geschlecht
- Sprache
- Kognitive, sozial-emotionale und physische Fähigkeiten
- Entwicklungsverlauf

Kinder mit vielfältigen kulturellen Hintergründen sind bei uns willkommen. Der selbstverständliche Umgang der Kinder unter- und miteinander begünstigt die Entwicklung einer vorurteilsfreien und wertschätzenden Begegnung, in der Neugierde und Aufgeschlossenheit dominieren. Ganz ähnlich verhält es sich hinsichtlich sozialer bzw. ökonomischer Heterogenität. Kinder, die unter Armutsbedingungen aufwachsen, sehen sich mit einer Vielzahl spezifischer Herausforderungen konfrontiert, bei deren Bewältigung sie und ihre Familien durch die pädagogischen Fachkräfte unterstützt werden sollen. Doch geht es nicht allein darum Familien und Kinder mit geringem sozioökonomischen Status zu begleiten, sondern auch allen Kindern unserer Einrichtung erfahrbar zu machen, dass die materielle Lebenssituation eines Kindes nicht über sein Recht auf Anerkennung und Wertschätzung oder sein Potential und seine Fähigkeiten entscheidet. Vielmehr werden Solidarität und Akzeptanz im täglichen Umgang miteinander gelebt und erfahren.
Wir möchten insgesamt an der Herstellung von mehr Bildungsgerechtigkeit mitwirken und die Heterogenität der uns anvertrauten Kinder als Bereicherung begreifen. Unserer Meinung nach profitieren ALLE Kinder von einer inklusiven Bildung, Betreuung und Erziehung. Deshalb begrüßen wir auch Kinder mit erhöhtem Förderbedarf in unserer Einrichtung.

Im Waldkindergarten bieten sich insbesondere Kindern, die in ihrer Entwicklung beeinträchtigt, eingeschränkt oder verzögert sind förderliche Entwicklungsimpulse, die den Auf- und Ausbau von relevanten Fähigkeiten unterstützen. Die Förderung im Waldkindergarten bezieht sich vornehmlich auf die Schulung der Sinne, der Grob- und Feinmotorik, der Kreativität und Fantasie, des Sozialverhaltens und Selbstwahrnehmung.

Besonders Kinder mit

- Sprachentwicklungsverzögerungen
- Verhaltensauffälligkeiten
- Abweichungen in der motorischen Entwicklung
- in der Sinnes- und Körperwahrnehmung
- hyperkinetischen Störungen
- allgemeinen Entwicklungsverzögerungen

finden im Wald gute strukturelle Bedingungen vor, die eine inklusive Arbeit begünstigen.
Aufgestaute Energien und wirkmächtige Impulse können im Wald ein Ventil finden und oftmals ausgelebt werden ohne dass das soziale oder dingliche Umfeld daran Anstoß nimmt. Es bestehen viele Möglichkeiten sich zu bewegen und unterschiedliche Sinnes- und Körpererfahrungen zu machen. Das große Platzangebot und der geringe Lärmpegel lassen ungestörte Spielprozesse zu, in deren Verlauf soziales Lernen möglich wird.
Daneben sollen auch Kinder mit Hochbegabung im Wald einen ansprechenden, Unterforderung vermeidenden, Entwicklungsraum vorfinden in dem ihnen angemessene Anregungen, Beschäftigungen und Fördermöglichkeiten zugänglich sind. Generell werden alle Kinder entsprechend ihrer individuellen Begabungen und Fertigkeiten unterstützt und begleitet. Im Miteinander der Kinder mit ihren jeweils unterschiedlichen Wünschen, Interessen und Fähigkeiten werden soziale Kompetenzen eingeübt und so die Ausgrenzung von Kindern mit besonderen Begabungen oder Eigenheiten verhindert. Die Anerkennung dieser Unterschiedlichkeit soll vielmehr zum Ausgangspunkt wechsel-seitigen Lernens und gegenseitiger Wertschätzung werden.

6. Gesundheit

Der ausgedehnte Aufenthalt in der Natur, wie er den Kindern in unserer Einrichtung möglich ist, wird mit einer Vielzahl gesundheitsförderlicher Effekte assoziiert. Verschiedene Untersuchungen konnten neben den bereits weiter oben angeführten Vorzügen der Naturerfahrung im Hinblick auf die kognitive und sozial-emotionale Entwicklung auch diverse positive Einflüsse auf den Gesundheitszustand von Kindern mit häufigen Naturkontakten belegen. Folgende Aspekte sind hier erwähnenswert:

- Erhöhung der Konzentrationsfähigkeit (u.a. belegt bei Kindern mit ADHS) und Verbesserung der Selbstdisziplin. Kinder aus Waldkindergärten sind i.d.R. seltener krank, wahrscheinlich weil ihr Immunsystem gestärkt ist.
- Stressreduktion und verbesserter Umgang mit psychosozialen Widrigkeiten Kinder aus Waldkindergärten entwickeln überdurchschnittlich gute motorische Fähigkeiten, wodurch nicht zuletzt das Verletzungsrisiko reduziert wird.
- Entwicklung von Selbstsorge (z.B. durch die Notwendigkeit den Körper etwa mittels Bewegung bei kühlen Temperaturen warm zu halten)
- Suchtprävention: Die Kinder gestalten ihren Vormittag ohne Abhängigkeiten von industriell gefertigten Spielsachen mit zumeist vorgegebenem Nutzungszweck oder Spielanleitungen durch die Fachkräfte. Sie entwickeln vielmehr eigene Ideen und lernen dabei ihre Zeit sinnstiftend und aus einem eigenem inneren Antrieb heraus selbstbestimmt zu gestalten. Pädagogisch stellt dies einen wichtigen und notwendigen Aspekt in der frühen Suchtprävention dar.

7. Schulfähigkeit Vorbereitung auf den Übergang

Die Vorschularbeit in unserem Waldkindergarten beginnt bereits mit dem ersten Kindergartentag. Das bedeutet nicht, dass wir die Kinder von Anfang an mit „klassischer“ Bildung und potentiellem Schulwissen bedrängen. Vielmehr liegt dieser Auffassung die Überzeugung zu Grunde, dass das Vermögen der Kinder den Übergang in die Grundschule gut zu bewältigen im Wesentlichen vom Erwerb bestimmter Basiskompetenzen abhängt. Bei deren die gesamte Kindergartenzeit andauernden Aufbau werden die Kinder durch uns Fachkräfte unterstützt und begleitet.

Im letzten Kindergartenjahr bieten wir den Kindern den Besuch der „Großengruppe“ an. Dort treffen sich einmal wöchentlich alle Kinder, die im folgenden Jahr die Schule besuchen werden. Sie setzen sich hier spielerisch mit Themen auseinander, die bezeichnend für ihre Lebensphase sind. Der Übergang in die Grundschule, das „Groß-Sein“ regt bei den meisten Kindern eine intensive Auseinandersetzung mit ihrem Selbstbild an.

Die Entwicklung von Kompetenzen um diese Lebensphase gut und mit Freude bestehen zu können, betrachten wir als ganzheitlichen Prozess. Dementsprechend liegt uns die Förderung einer Vielzahl relevanter Kompetenzen aus ganz unterschiedlichen und letztlich doch miteinander verknüpften Entwicklungsbereichen besonders am Herzen. Nähere Informationen zur Arbeit der Großengruppe und zum Thema Schulfähigkeit finden sich unter Punkt 11. im Anhang.

8. Ziele und Methoden

In unserem Waldkindergarten sind Einfachheit und Klarheit in der Arbeit und dem Umgang mit den Kindern wichtig. Dies zeigt sich in klaren Strukturen, einfachen einsehbaren und nachvollziehbaren Regeln sowie in der Sicherheit der wiederkehrenden täglichen Rituale und der Eingebundenheit in wiederkehrende natürliche Prozess.

Wir schaffen den Kindern ganz bewusst Freiräume, in denen sie sich innerhalb unserer klaren Regeln "unbeobachtet" entfalten können. Die Kinder haben damit die Möglichkeit in ihr Spiel zu versinken, begleitet von einer liebevoll zurückhaltenden Präsenz der Erzieher/innen. Durch verschiedene Beobachtungsformen (offene und unstrukturierte Beobachtungen, Alltagsbeobachtungen) nehmen die PädagogInnen die spezifischen Interessen und aktuellen Lebensthemen der Kinder wahr. Der Austausch im Team und verschiedene Dokumentationsformen (Fotos, Filme, Aufzeichnungen…) ermöglichen ein entsprechendes Verhalten und Konsequenzen für die pädagogische Arbeit.

Wichtige Eckpunkte unserer täglichen Arbeit sind:
-
Die Bedürfnisse und Interessen der Kinder aufgrund regelmäßiger Beobachtung erkennen und aufmerksam begleiten
- Halt geben, Grenzen setzen und damit Sicherheit schaffendie Kinder annehmen wie sie sind, abholen wo sie stehen
- von der äußeren zur inneren Ordnung, durch Rhythmus und Rituale
- Zeit haben zum Innehalten, zum Lauschen, zum Kreativsein, zur Muße
- Behutsamkeit, Achtsamkeit, Sensibilität, Aufmerksamkeit, für sich selbst, für Andere, für die Natur entfalten
- Im Austausch mit den Kindern gemeinsam kokonstruktiv die Umwelt erforschen und gestalten und ihr Bedeutungen entdecken, ausdrücken und miteinander teilen
- Sich als Teil eines Ganzen fühlen können, angenommen sein
- Sich mit Begeisterung und Hingabe dem widmen was man gerade tut, wo man gerade ist.

Unser wichtigstes Ziel dabei ist:

Die Entwicklung von Kindern zu fördern.
Bei uns steht das ganzheitliche Lernen mit Kopf, Herz und Hand in Anlehnung an Johann Heinrich Pestalozzi im Vordergrund. Die emotionale Auseinandersetzung mit der Umwelt, der Umgang mit realen Dingen, und die unmittelbare Beobachtung und Erfahrung sind Voraussetzungen um dieses Ziel zu erreichen. Wer etwas 'behandeln', wer sich mit etwas 'befassen', wer etwas 'begreifen' will, der muss dazu auch Gelegenheiten erhalten.

Rahmenbedingungen die uns dabei wichtig sind:

Der Kindergarten als ein Ort ungeteilter Zeiten
Unser Alltag ist strukturiert durch verschiedene Rituale z. B. Morgenkreis, „Lauschezeit“, Frühstück, Schlusskreis, dazwischen entscheiden die Kinder womit und mit wem sie sich beschäftigen wollen. Dabei hat das Freispiel der Kinder höchste Priorität.

Bewegung und Ruhe
Der Kindergarten ist ein Ort der Lebendigkeit und Entspannung. Der Wald bietet Anregungen zum Klettern, Rennen und seine Kräfte entdecken als auch zum Beobachten und zum Entspannen.

Zeit und Muße
Nicht die Menge an Angeboten ist ein Qualitätsmerkmal von Arbeit mit Kindern, sondern die Beziehung zwischen jedem einzelnen Kind und den PädagogInnen. Waldkinder haben Zeit und Muße. Sie werden nicht gehetzt und verplant. Sie dürfen "trödeln", stehen bleiben, schauen, sich auf den Boden legen, kleine Tiere beobachten oder einfach "nur" unter einem Baum sitzen.
Die Zeit, die den PädagogInnen bleibt, da sie keine ablenkenden Nebenbeschäftigungen und Verpflichtungen haben, nutzen sie zur Pflege intensiver Kontakte und Beobachtung der Kinder.
Der Personalschlüssel (2 Fachkräfte für 20 Kinder), die ruhige Atmosphäre des Waldes und die strukturelle Vielfalt erlauben ein intensives Zusammensein in kleinen (Interessens)Gruppen. Im Wald haben die Kinder die Möglichkeit zu erzählen und sich in Ruhe einem Erwachsenen anzuvertrauen.

Der Kindergarten als ein Ort des Erlebens und Lernens im Handeln
Der Kindergarten ist für das Kind der zweite Erfahrungsraum nach dem Elternhaus, in welchem das Kind an gruppendynamischen Prozessen teilhat, ihnen standhalten muss und daran wachsen kann. Es kann alleine oder in der Gruppe neue Erfahrungen sammeln, zum Beispiel einen Ameisenhaufen mit der Lupe beobachten oder gemeinsam mit anderen auf Entdeckungsreise gehen.

Der Kindergarten als Ort erfahrbarer Demokratie
Die Kinder haben Mitspracherecht und Verantwortung
Beispiel: " Wo möchtest du den Tag verbringen?" “Wer leitet die Erzählrunde?“Sie erstellen gemeinsam Gruppenregeln, die dann auch von allen eingehalten werden müssen
Beispiel: "Kein Kind darf einem anderen das Gebaute zerstören."Die Kinder müssen sich an klare, einsichtige Regeln halten.
Beispiel: "Mit Stöcken wird nicht geschlagen."Die Kinder müssen die Konsequenzen für ihr Fehlverhalten tragen
Beispiel: "Stockverbot"

Individualität: Die Persönlichkeiten aller Kinder sollen geachtet werden
Oberstes Prinzip, das allem pädagogischen Handeln als Basis dienen sollte, ist die Akzeptanz jedes einzelnen Kindes als einzigartige Persönlichkeit. Jedes Kind hat seine eigene Biographie. Es macht unter seinen Lebensbedingungen subjektive Erfahrungen und entwickelt sich daher individuell. Respekt dem Kind gegenüber verlangt die Fähigkeit der Fachkräfte, Individualität zu achten und zu unterstützen und auf Vergleiche zu verzichten. Kinder sollten sich immer angenommen fühlen mit ihren Gefühlen, Charaktereigenschaften und Befindlichkeiten.
Jedes einzelne Kind macht seine eigenen Entwicklungsschritte, und wird dabei ressourcenorientiert, gezielt und regelmäßig beobachtet, begleitet, unterstützt und wertgeschätzt.
Dabei liegt unserem päd. Handeln folgendes Bild vom Kind zu Grunde:

Bild vom Kind
„Kinder sind stark, vielfältig begabt und leistungsfähig. Alle Kinder verfügen über die Bereitschaft, die Fähigkeit, die Neugier und das Interesse, ihren Lernprozess zu gestalten und sich mit allem auseinanderzusetzen, was ihnen in ihrer Umwelt begegnet."
(Loris Malaguzzi, 1920-1994)

Wir haben ein bejahendes, anerkennendes, zuversichtliches Bild von einem kompetenten Kind, das nicht kompetent gemacht werden muss, sondern alle Fähigkeiten zur Entdeckung der Welt und seiner Entwicklung bereits von Geburt an in sich trägt. Das heißt:
Das Kind setzt sich aktiv und aus eigenem innerem Antrieb mit seiner Umwelt auseinander. Am liebsten mit seinem Körper mit allen Sinnen durch Sprache, Bewegung, Denken und Fühlen. Dadurch eignet es sich, spielerisch, experimentell, Wissen über die unzähligen Dinge der Welt an. Sein Bedürfnis nach Exploration unterstützt dieses rege Lernbestreben. Es braucht dazu Ungestörtheit, ausreichend Zeit, die Möglichkeit der ständigen Wiederholung, eine anregende, vielfältig gestaltete Umgebung, Kinder und zugewandte Erwachsene die es wertschätzend begleiten.
Dem Kind wird zugetraut, Verantwortung für sein Wohlbefinden und seine Zufriedenheit zu übernehmen. Jedem Kind sollte es möglich sein, soviel Selbstbestimmung, Eigenaktivität und Selbstständigkeit wie möglich im Alltag umzusetzen um seine Handlungskompetenzen zu erweitern. Jedem Kind wird ausreichend Freiheit in der Wahrnehmung der Welt zugestanden um sich eigenständig und selbsttätig ein Bild zu machen, (zu einer Erkenntnis zu gelangen) ohne das der Erwachsene ihm vorgefertigtes Wissen überstülpt. Das Kind besitzt die Fähigkeit Wissen und Bedeutung zu konstruieren und in Kokonstruktion mit anderen zu vervielfältigen - Lernen ist ein Beziehungsgeschehen.

Mut, Ausdauer und Durchhaltevermögen
Das Leben und Spielen im Wald fordert von den Kindern täglich Anpassung an Wetterveränderungen und jahreszeitlich bedingte Spielbedingungen. Bei den oft etwas rauen Bedingungen draußen im Wald stärken die Kinder diese aus reiner Lebensfreude entstehende Akzeptanz und Neugier ihrer Umwelt gegenüber, vorausgesetzt, sie werden nicht von ihrer sozialen Umwelt "verhätschelt" und bemitleidet. Unbequemes Wetter, Beschwernisse, wie dicke Kleidung, Handschuhe, Kälte und Nässe lehren dem Kind Ausdauer und Geduld. Das Kind lernt seine Ziele im Spiel auch dann noch zu verfolgen, wenn ihre Verwirklichung mit Beschwernissen verbunden ist.
Ergänzend zu den eigenen Erfahrungen der Kinder fördern wir die Fähigkeit der Kinder für sich selbst zu sorgen und erwarten von ihnen altersgemäßes selbständiges Handeln in Alltagssituationen (Anziehen, Ausziehen, Essen, auf eigene Sachen achten, Rucksäcke packen und auspacken usw.) und haben Vertrauen darauf, dass sie lernen Gefahren richtig einschätzen zu können und Mutproben "heil" zu überstehen.
Kinder wollen mutig sein, Abenteuer erleben und ihre Kräfte erproben. Der Wald ist die richtige Umgebung für Mutproben und Abenteuer. In der Auseinandersetzung mit den Herausforderungen der natürlichen Umgebung und in der Gruppe der Gleichaltrigen entwickeln die Kinder Selbstvertrauen, Selbstsicherheit. Lernen ihre Grenzen kennen und erweitern diese.

9. Zusammenarbeit mit Eltern

Bildungs und Erziehungspartnerschaft

Die Zusammenarbeit mit Eltern bzw. Familien betrachten wir neben der „Arbeit am Kind“ (seine Bildung, Betreuung und Erziehung) als eine entscheidende Aufgabe professioneller Elementarpädagogik. Wir wollen familienergänzend tätig sein und unser Angebot an den Lebenssituationen und Bedürfnissen der Familien ausrichten, sie unterstützen und entlasten.

Die enge Kooperation und Kommunikation von Institution und Familie begreifen wir als Bildungs- und Erziehungspartnerschaft, die in Abhängigkeit der Vielfalt der Elternschaft und der Kinder in je individueller Weise ausgestaltet und entwickelt werden muss. Die Erziehung und Bildung von Kindern wird als gemeinsame Aufgabe von Eltern, Fachkräften und dem Kind selbst betrachtet. Daraus resultiert die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit zwischen allen Erwachsenen. Uns ist es dabei wichtig, dass ein geteiltes Verständnis über relevante Themen (Erziehung, Bildung) hergestellt wird, wechselseitige Anerkennung und Wertschätzung gelebt werden, sowohl die Familie als auch der Waldkindergarten sich öffnen, transparent sind und übereinstimmende Erziehungs-Ziele entwickelt werden. Auf dieser Grundlage ist es möglich Kindern einen stabilen, kontinuierlichen und kongruenten Entwicklungs- und Bildungsweg zu bahnen, nicht zuletzt da das Kennenlernen der familiären Sphäre wichtig ist um das Kind, sein Verhalten, seine Bedürfnisse und Anliegen besser zu verstehen und entsprechend pädagogisch aufzugreifen.

Eine bedeutsame Grundlage der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft stellen verschiedene Gesprächsformen dar. So besteht beim Bringen und Abholen der Kinder immer die Möglichkeit zu einem kurzen Austausch (Tür- und Angelgespräche). Hier geht es vornehmlich darum Informationen aus dem Kiga-Alltag zu geben und dem Kind den Übergang zwischen Kiga und Familie zu erleichtern. Daneben bieten wir regelmäßig (ca. ein bis zwei Mal jährlich) Entwicklungsgespräche an. Hier werden insbesondere die Entwicklung des Kindes und Wege ihrer Begleitung zur Sprache gebracht. Diese Entwicklungsgespräche basieren auf Beobachtungsdokumentationen in Form von Aufzeichnungen verschiedener Beobachtungen, dem entsprechenden Austausch im Team sowie verschiedenen aktuellen Filmsequenzen des Kindes. Im Fokus stehen der positive, wertschätzende Blick auf das Kind und seine Entwicklung sowie jene Ressourcen und Möglichkeiten mit denen sowohl wir als Kindergarten als auch die Familie das Kind unterstützen können. Wir bieten einmal im Monat, zumeist am ersten Mittwoch eines jeden Monats, die Möglichkeit zu einem Gespräch, sind aber natürlich auch bei Bedarf offen für andere Gesprächstermine und –formen (z.B. Problem- oder Beratungsgespräche)

Neben den Gesprächen wird zweimal im Jahr ein Elternabend veranstaltet, mit unterschiedlichen Themen, Bildern bzw. Videos aus dem Wald und viel Zeit für aktuelle Fragen. Die sogenannte „Waldpost“, ein per E-Mail versandter Elternbrief, informiert die Eltern einmal im Monat über unsere Erlebnisse im Wald, über Pläne und anstehende Termine. Zum Abschluss der Kindergartenzeit erhält jedes Kinds alle Fotos und Filme in Form eines Erinnerungsalbums.

10. Der Tagesablauf mit seinen Ritualen und Regeln

In der Anfangszeit im neuen Waldkindergarten ist es wichtig Vertrauen aufzubauen, den Wald zu entdecken, Spielräume und Spielmöglichkeiten im Wald zu erforschen, die Regeln des Waldkindergartens werden abgeguckt/ erklärt und eingeübt. Mit dem Eintritt in den Kindergarten verändert sich die Lebensumwelt der Kinder; spezifische Anforderungen sind zu bewältigen und entsprechende Kompetenzen aufzubauen.

Der Übergang in den Waldkindergarten wird durch unser an das Berliner Eingewöhnungsmodell angelehntes Vorgehen unterstützt (Eingewöhnungsmodell siehe Anhang).
Die Kinder gewöhnen sich langsam an die Abläufe und Rituale im Wald. Sie integrieren sich und finden ihren Platz in der Gruppe. Beziehungen entstehen, Kommunikation entwickelt sich, Freunde werden gefunden.

Regeln im Wald

Es werden keine Dinge (Früchte, Pilze, Blätter, Moos, Rinde etc.) in den Mund gesteckt oder gegessen - "Erst zeigen & fragen!". Es sollen keine Pflanzen mutwillig ab- /ausgerissen werden. Tiere sind leicht verletzbar, deshalb muss mit ihnen vorsichtig umgegangen werden. Niemand entfernt sich ohne Absprache außer Sichtweite. An den bekannten Wartepunkten wird gewartet, bis alle Kinder angekommen sind. Es wird nicht gehauen, gebissen und geschubst.

Die Stop-Regel hilft uns Grenzen zu setzen:

- Mit Stöcken wird nicht nach Kindern geschlagen
- Jedes Kind ist, soweit es das kann, für seinen Rucksack selbst verantwortlich
- Es gibt spezielle Regeln zum Umgang mit dem Werkzeug (Werkzeugschein)

Regeln und Rituale geben den Kindern Sicherheit, Halt und Vertrauen. Sie helfen ihnen durch den Tag und strukturieren ihn. Regeln sind für das Zusammensein in der Gruppe unverzichtbar. Sie müssen für die Kinder verständlich und nachvollziehbar sein.

Der Tagesablauf mit seinen Ritualen

Der Treffpunkt für die grünen Waldfüchse ist um 7:30-7:45 Uhr der Parkplatz der Bereitschaftspolizei. Wir laufen dann los zum Bauwagen. Ebenfalls dort können die Kinder von 8:00-9:00 Uhr abgegeben werden. Der Treffpunkt der blauen Waldfüchse ist von 7:30Uhr-9:00 Uhr am blauen Bauwagen.

Der Kindergarten beginnt um 9:00 Uhr mit dem Morgenkreis, der Erzählrunde in dem die Kinder über Erlebtes berichten, wir gemeinsam abzählen und schauen wer da ist und wer und warum fehlt. Die Kinder bestimmen dann gemeinsam wohin wir wandern und den Tag verbringen werden. Es gibt verschiedene Plätze im Wald, denen wir Namen gegeben haben wie Kletterbaum, Erdrutsche, Waldsofa, Steinebaum, Fichtenwäldchen. Wir singen ein Begrüßungslied und brechen auf.

Die Wanderung mit viel Zeit für Gespräche, erste Spiele, Naturbeobachtungen am Wegesrand und Liedern. Beim Gehen bestimmen die Kinder das Tempo. Täglich werden zwischen 1-2 Kilometer zurückgelegt. Ist der Platz erreicht, schauen die Kinder nach ob Ihr „Kindergarten“ noch so ist, wie sie ihn verlassen haben. Es besteht Zeit anzukommen und auf Toilette zu gehen. ( Ein vorher bestimmter Platz Abseits des Spielgeländes.)

Das Gemeinsame Frühstück: Jetzt ist Zeit zu frühstücken, die Kinder waschen sich mit dem mitgebrachten Wasser die Hände. Im Rucksack haben sie eine Sitzmatte, ein kleines Handtuch zum Hände abtrocknen und ein abfallarmes, gesundes Frühstück sowie ein Getränk. Im Winter ist eine kleine Thermoskanne mit einem warmen Getränk wichtig. Vor dem Essen haben wir noch unsere Stilleübung, die „Lauschezeit“. Auf ein Signal hin lauschen wir in den Wald. Im Anschluss erzählen wir was wir gehört haben. Regen, Wind in den Bäumen, die Vögel, den Specht, den Eichelhäher, ein Flugzeug….

Jeden Freitag bereiten wir ein gesundes Frühstück mit biologisch angebauten Lebensmitteln aus dem Licher Bio-Laden bzw. dem Rewe-Markt wie z.B. Müsli, Brot und Aufstrich zu oder machen selber, auf dem Feuer Pfannkuchen oder Suppen…. (an diesen Tagen brauchen die Kinder nur ihre Trinkflasche mitzubringen).

Freispielzeit: Nach dem Frühstück haben die Kinder viel Zeit ihre eigenen Spiele zu entwickeln. In einem großzügig abgesteckten Rahmen (Hör- und Sichtweite) bestimmt das Kind den Ort, das Spielmaterial und den Spielpartner selbst. Dabei werden die Kinder Tiere beobachten, mit Werkzeug arbeiten, sie werden aus Steinen, Moos und Stöcken Häuser und Straßen bauen, sich dem Rollenspiel hingeben, klettern, balancieren und in der Hängematte schaukeln und vieles mehr.

PädagogInnen: Wir haben dabei Zeit die Kinder zu beobachten und uns von ihnen zu ihrem Spiel einladen zu lassen. Wir begleiten und unterstützen die Kinder in dieser Zeit indem wir ihre Eigenständigkeit begünstigen, ihr Selbstbewusstsein und ihre Kreativität wertschätzen und auf ihr Sozialverhalten achten. In dieser freien Spielzeit haben die Kinder die Möglichkeit mit verschiedenen Farben und Malutensilien zu arbeiten, sich an handwerklichen Projekten zu beteiligen, sich Seile oder Tücher zu holen, zu schnitzen, in der Hängematte zu schaukeln und Bilderbücher anzuschauen oder vorgelesen zu bekommen.

Gezielte Beschäftigung: Nach dem Aufräumen haben wir noch eine gemeinsame Zeit mit Theater, Liedern, Spielen, einer Geschichte, einer Gesprächsrunde, der Vorbereitung eines Festes oder der Erarbeitung eines von den Kindern gewünschten Themas.

Förderung der Vorschulkinder: Für alle Kinder im letzten Kindergartenjahr beginnt einmal in der Woche die „Großengruppe“ mit altersgemäßen Themen wie: Farben, Formen, Zahlen, Gefühle... Diese Themen werden über einen längeren Zeitraum unter Verwendung der unterschiedlichsten Mittel und Möglichkeiten erarbeitet. Dabei erfahren "die Großen" besondere Wertschätzung (siehe Punkt 7 Schulfähigkeit-Großengruppe).

Schlusskreis: Nachdem die Rucksäcke gepackt und aufgesetzt sind, gehen wir zurück und beginnen den Abschlusskreis. Dort wird noch einmal gezählt, Wochentag/Monat/Jahreszeit benannt, erzählt wie es heute in unserem Wald war, an wichtige Dinge für den kommenden Tag erinnert und ein gemeinsames Schlussliedgesungen. Danach, um 13.00 Uhr nehmen die Eltern, Ihre “Waldkinder“ am Bauwagen wieder in Empfang.

Im Waldkindergarten wird sowohl Kind- als auch situationsorientiert gearbeitet, das heißt wir greifen Themen auf mit denen sich die Kinder konkret beschäftigen oder mit denen sie konfrontiert werden (z.B. Todesfall in der Familie, neues Geschwisterchen, Umzug, Anschaffung eines Haustiers, Was machen die Waldarbeiter in unserem Wald? Wie sieht das Wasserwerk an dem wir immer vorbeigehen von innen aus?). Dadurch kann der Tagesablauf variieren und es ist jeden Tag spannend.

Ausflüge

Wir unternehmen nach Absprache mit den Eltern Ausflüge ins Theater, ins Kino, zur Zahnärztin, ins Heimatmuseum, zur Münzenburg, ins Tierheim oder in andere Kindergärten. Auch werden wir Kindergärten zu uns einladen. Mal sehen was uns und den Kindern so einfällt.

Feste und Feiern

Kinder brauchen Feste als Höhepunkte im Jahresverlauf, auf die sie sich freuen und vorbereiten können. Das gemeinsame Üben und Vorbereiten stärkt das Gemeinschaftsgefühl. Das Feiern von Festen gemeinsam mit den Eltern, die für sie mitverantwortlich sind, zeigt den Kindern, dass ihre Eltern den Kindergarten, der für viele ein zweites Zuhause geworden ist, unterstützen und akzeptieren.
Wir feiern alle Feste im Jahresverlauf wie Fasching im Februar, im Herbst ein Laternenfest, im Winter eine Waldweihnacht, und hoffen dass der Osterhase und der Nikolaus uns im Wald finden. Vor den Sommerferien gibt es eine große Zelt-Übernachtung mit Elternfrühstück und Verabschiedung und Rauswurf der Schulanfänger.
Die Geburtstage der Kinder werden ebenfalls im Wald gefeiert. An diesem Tag steht das Geburtstagskind im Mittelpunkt. Es darf der "Bestimmer" sein, d.h. das Kind darf entscheiden wo wir hingehen und mit welchen Liedern und Spielen der Tag gestaltet wird. Es bekommt eine Waldkrone und ein kleines Geschenk. Wir singen das Geburtstagslied und essen gemeinsam den Kuchen, den das Geburtstagskind mitgebracht hat.
(Wir verzichten bewusst auf Geschenke für die anderen Kinder.)

Religion

In unserem Waldkindergarten vermitteln wir den Kindern die grundsätzlichen Werte unseres Kulturraumes. Dazu gehören Bestandteile der christlichen Religion, die konfessionslose Kinder oder Kinder anderer Religionen nicht in Bedrängnis bringen sollen. Feiern wir beispielsweise das Weihnachtsfest, wird den Kindern der entsprechende christliche (historische) Hintergrund nahegebracht.

Kleidung der Kinder

„Es gibt kein schlechtes Wetter, nur falsche Kleidung.“
Die Kleidung sollte sich nach Witterung und Jahreszeit richten. Wenn es warm ist, sind dünne, lange oder kurze Hosen und ein T-Shirt ratsam. Festes Schuhwerk benötigen die Kinder jeden Tag, eine Kopfbedeckung ist empfehlenswert, bei unbeständiger Wetterlage und Regenwetter sind Regenjacke und –hose und evtl. Gummistiefel erforderlich. Bei zunehmender Kälte ist das „Zwiebelprinzip“ am geeignetsten: Mehrere Schichten Kleidung übereinander, die je nach Temperatur ausgezogen und in den Rucksack gepackt werden können. Im Winter ist Wollunterwäsche gut, sowie Fleece- oder Wollpullover, eine Hose und darüber eine gefütterte Regenhose sowie eine regendichte Jacke, Handschuhe, Wollsocken und eine Mütze.
„Trockensein“ ist im Waldkindergarten zu Anfang nicht zwingend erforderlich. Kinder die nicht zuverlässig Bescheid sagen können, sollten lieber noch eine Windel tragen. Wir wechseln auch im Wald die Windeln.

Ausweichunterkunft

Bei Sturm, Gewitter oder anderen Gründen, denen der Wald nicht betreten werden kann, findet der Kindergarten in unserer Ausweichunterkunft statt.

11. ANHANG

Eingewöhnungsmodel des Waldkindergarten Lich

Unsere Eingewöhnungszeit erstreckt sich in der Regel über maximal eine Woche (fünf Kindergartentage). Die ersten drei Tage sollten die Eltern mit in den Wald gehen. Je nachdem wie das Kind sich verhält, können Eltern und Kind bis 11.00 Uhr bzw. 13.00 Uhr die Gruppe begleiten. In den ersten drei Tagen sollten die ErzieherInnen mit dem Kind in Kontakt kommen und anfangen eine Bindung zu dem Kind aufzubauen. Die Eltern halten sich im Hintergrund, bleiben hierbei für das Kind immer präsent.

Am vierten Tag verabschieden die Eltern ihr Kind vor dem Morgenkreis. Es ist wichtig, dass sie um 8.30 Uhr am Bauwagen sind, um das Kind in Ruhe ankommen zu lassen und vielleicht schon Spiel-/Beobachtungskontakt mit den anderen Kindern zu unterstützen. Die Verabschiedung sollte gegen 8:50 Uhr erfolgen. Die „neuen“ Kinder beginnen so gemeinsam mit der Kindergartengruppe den Tag, so dass die Entwicklung der Gruppenzugehörigkeit initiiert wird.

Eltern müssen in dieser Zeit erreichbar sein. Wenn die ErzieherInnen merken, dass es dem Kind „nicht gut geht“, es einen zu starken Trennungsschmerz zeigt, werden sie umgehend benachrichtigt. Natürlich wird diese Option NUR den Eltern kommuniziert und nicht den Kindern, da letztere dann zu schnell auf eine Abholung beharren und sich nicht beruhigen lassen. Am vierten Tag kann das Kind einen ganzen Tag im Kindergarten verbringen. Wichtig ist das die Eltern bei der Verabschiedung „deutlich und klar“ auftreten. Ist dies nicht der Fall überträgt sich die elterliche Unsicherheit und Angst auf die Kinder.

Trennungsschmerz ist Zeichen einer sicheren Bindung und daher als „positiv“ und natürlich zu bewerten. Eltern wie Kinder müssen lernen einander loszulassen, sich zu trennen. Ein Trennungsritual erleichtert die Trennung.

Die ErzieherInnen reagieren individuell auf jedes Kind und übernehmen als neu hinzukommende Bindungsperson die Funktion eines „sicheren Hafens“, der Sicherheit vermittelt und Trost spendet. Hilfreich ist es, wenn die Eltern den ErzieherInnen ein klares Signal geben, sobald sie das Kind übernehmen sollen. Die ErzieherInnen informieren in der Abholzeit die Eltern über den Verlauf des Tages. Nach dem Wochenende kann man damit rechnen, das wieder Trennungsängste auftreten werden. Dies ist normal und spielt sich schnell wieder ein. In den ersten zwei Wochen sollte das Kind nur die Kernzeit im Kindergarten verbringen, mit dem Mittagsessen kann man nach den ersten zwei Wochen langsam anfangen.

Eventuell ist das Kind nach den ersten Tagen erschöpft. Dann bietet es sich eventuell an einen „Pausen Tag“ einzuschieben.

Schulfähigkeit und "Großengruppe"

Was bedeutet Schulfähigkeit?

Schulfähigkeit setzt sich im Wesentlichen aus folgenden Basiskompetenzen zusammen, die den Kindern helfen den Anforderungen in der Schule gerecht zu werden.

Psychomotorischer Bereich:
-
altersgemäße Entwicklung grundständige, flüssige viso-motorische Koordination (Finger- und Handgeschicklichkeit)
- gute Gleichgewichts-, taktile und kinästhetische Wahrnehmung
- Entwicklung des Körperbewusstseins
- guter Gesundheitszustand

Die Bewegungsmöglichkeiten im Wald bieten optimale Anreize für die Entwicklung der Psychomotorik. Die Kinder lernen aus eigenem Antrieb das Balancieren, Klettern und die Geschicklichkeit über Bodenunebenheiten und Abhänge zu laufen.
Aus der Grobmotorik entwickelt sich die Feinmotorik, diese wird trainiert durch den täglichen Umgang mit den unterschiedlichsten Materialien wie Matsch, Tannennadeln, Blättern, Stöcken, kleine Tieren, Buntstiften, Werkzeugen.....

Kognitiver Bereich:
-
Aufgabenverständnis
- Sprachfähigkeit
- Fähigkeit zur optischen und akustischen Differenzierung (ausgeprägtes auditives Kurzzeitgedächtnis, eine auditive Merkfertigkeit und ein visuelles Gedächtnis)
- Elementares Mengenverständnis
- Konzentrationsfähigkeit, Ausdauer und Aufmerksamkeit
- Neugierde und Lerninteresse
- folgerichtiges Denken
- Die Sprach- und Merkfähigkeit

werden gefördert, in dem die Kinder sich schon früh über ihr Spiel austauschen und sie sich über die Bedeutung der Spielmaterialien (Naturmaterialien ohne vorgegebenen Verwendungszweck) und –inhalte verständigen müssen.

Dies regt gleichzeitig Kreativität und Fantasie an. Sammeln, Ordnen, Unterscheiden, Beobachten und Experimentieren mit den natürlichen Materialien gehören zum Alltag im Waldkindergarten. Es wird gesungen, es werden Märchen und Geschichten erzählt und erfunden und es werden Rollenspiele gespielt. Es gibt viel Raum zum intensiven Erzählen und Zuhören. Die Kinder zählen sich im Morgen- und im Schlusskreis, zählen und sortieren Steine, Stöcke, Fichtenzapfen usw.

Emotionaler Bereich:
-
Lernbereitschaft
- Orientierung an Regeln
- Selbständigkeit
- Fähigkeit zum angemessenen Umgang mit Konflikten
- Kooperationsfähigkeit
- Emotionale Stabilität
- Gefühle bei sich und anderen erkennen und besprechen können
- Frustrationstoleranz & Ausdauer auch bei Herausforderungen
- Angstfreier Umgang mit neuen und unbekannte Situationen / Aufgaben
- Zuversicht bzw. Optimismus

Sozialer Bereich:
-
Empathiefähigkeit
- Kommunikationsfähigkeit (zuhören können, andere ansprechen können, erfassen von kommunikationsförderlichen Regeln etc.)
- Sensibilität für und Achtung von „Anderssein“
- Konstruktives Konfliktlöseverhalten
- Motivation und Anstrengungsbereitschaft
- Fähigkeit zur Selbststeuerung der Aufmerksamkeit und zur Hemmung störender Impulse bzw. Bedürfnisse
- Selbstbewusstsein (um angstfrei mit altersgemäßen sozialen Situationen umzugehen) sich sowohl als Gruppenmitglied als auch als Individuum erfahren
- Selbstständigkeit (Unabhängigkeit von andauernden direkten Zuwendungen durch Erwachsene)

Das anregende Lernumfeld des Waldes unterstützt die natürliche Neugier von Kindern. Die Kinder werden motiviert sich durch das Entdecken und Experimentieren mit ihrer Umwelt auseinander zu setzen – dadurch erkennen und begreifen sie auf anschauliche, unmittelbare Weise Zusammenhänge. Die natürliche Atmosphäre des Waldes fördert die emotionale Ausgeglichenheit der Kinder. Die Kinder lernen draußen, sich an Regeln zu halten, sich gegenseitig zu helfen, aufeinander zu achten und angemessen mit Konflikten umzugehen.
Wissenschaftliche Erkenntnisse decken sich mit unseren Erfahrungen: Kinder, die ihre Umwelt ausgiebig begreifen und erforschen, ihren Bewegungsdrang ausleben und ihre körperlichen Fähigkeiten mit all ihren Grenzen erfahren konnten, sind auch fähig, konzentriert und neugierig auf Stühlen zu sitzen und dem Unterricht zu folgen.
Die Anleitung zum Schreiben von Zahlen und Buchstaben gehört nicht zu den Aufgaben des Kindergartens, sondern ist Aufgabe der Grundschule. Zeigen Kinder an „schulischen“ Themen jedoch Interesse werden sie hier unterstützt und gefördert.

Spezielle Förderung und ein intensives Eingehen auf die oben genannten Basiskompetenzen/Anforderungen, die eine Grundschule stellt erfahren die Kinder in unserer „Großengruppe“.

Großengruppe

Diese findet einmal in der Woche an einem Vormittag, durchgehend im letzten Kindergartenjahr vor dem Schuleintritt statt.
An diesem Vormittag sind die „Großen“ beider Gruppen unter sich.

Mit zwei Fachkräften, je nach Gruppengröße auch in Kleingruppen, wird sowohl drinnen wie auch draußen gearbeitet und auf die besonderen Interessen und Fähigkeiten dieser Altersgruppe eingegangen.
Folgende Themen werden in der Großengruppe bearbeitet:
- Farben und Formen
- Zahlen und Mengen - Zahlenwald
- Wir bereiten die Kinder durch Schwung- und Zeichenübungen sowie graphomotorischen Übungen auf das Schreiben vor
- Wir arbeiten mit Elementen aus dem Würzburger Sprachprogramm: Hören Lauschen, Lernen
- Die Welt der Gefühle verstehen und Elemente aus dem Faustlos-Programm
- Die Gestaltung der Waldweihnacht mit einem Theaterstück obliegt den „Großen“
- Erzählrunden, Sinnesspiele, Konzentrationsspiele und kooperative Spiele werden in den Vormittag integriert

Neben diesen Themen werden regelmäßig Ausflüge unternommen:
- Feuerwehrbesuch
- Polizeibesuch
- Minimathematikum
- Gewaltprävention
- Radtour
- Besuch der Grundschule

Wir stehen in enger Zusammenarbeit mit der Erich-Kästner-Schule, Grundschule in Lich. Das heißt wir bekommen eine Lehrkraft zugeteilt, die unsere AnsprechpartnerIn wird im Hinblick auf alle Absprachen, die den Übergang unserer Kinder in die Schule betreffen. Wir bekommen eine dritte Klasse zugeteilt, mit denen wir über das gesamte letzte Kindergartenjahr Kontakt haben (Besuche hin und her, evtl. gemeinsame Projekte). Aus dieser Klasse bekommt jedes unserer Kinder ein Patenkind, das ihm in der Anfangszeit durch den Schulalltag hilft. Ein Elternabend für die Eltern der zukünftigen Schulanfänger, gestaltet durch eine Lehrkraft der EKS und eine Fachkraft des Waldkindergartens.

Neben einigen wissenschaftlichen Untersuchungen zu Waldkindergärten im Allgemeinen, liegen mittlerweile auch empirische Studien zum Thema Waldkindergärten und Schulfähigkeit vor. Das Ergebnis dieser genannten Studie belegt, dass der Waldkindergarten sehr günstige Lernbedingungen „für die Unterstützung der körperlichen, psychomotorischen, kognitiven, motivationalen und sozialen Entwicklung der Kinder bietet.“

„Kinder, die im Vorschulalter viele Gelegenheiten hatten, ihrem Bewegungsdrang nachzugeben, können sich besser konzentrieren. Diese Kinder werden von den LehrerInnenn in allen abgefragten Lern- und Verhaltensbereichen besser eingeschätzt als der Durchschnitt der Klasse."

Gorges stellt außerdem fest, dass Kinder aus Waldkindergärten ein überdurchschnittlich gutes Sozialverhalten sowie eine hohe Lernmotivation und –fähigkeit aufweisen. Die Fähigkeit, Probleme eigenständig zu lösen, eine der wichtigsten Forderungen aus den Ergebnissen der Pisa-Studie, wird durch das forschende Entdecken im Waldkindergarten in idealer Weise gefördert.

Beschwerdemanagement

Beschwerden sind Gelegenheiten zur Entwicklung und Verbesserung unserer Arbeit mit Eltern und Kindern. Beschwerden in unserem Waldkindergarten können von Eltern, Kindern, Pädagogen/Innen und dem Vorstand, in Form von Kritik, Verbesserungsvorschlägen, Anregungen oder Anfragen ausgedrückt werden.

Umgang mit Beschwerden:
- Wir behandeln die Angelegenheit absolut vertraulich
- Wir nehmen das Anliegen ernst
- Wir gehen der Beschwerde nach
- Verantwortliche werden gefunden und angesprochen
- Wir finden gemeinsam eine Lösung, die für alle Beteiligten annehmbar ist
- Grundsätzlich sollen Anliegen, Kritik und Beschwerden, zuerst mit den betroffenen Personen angesprochen, und möglichst geklärt werden.

Ist keine Klärung zu erreichen, können folgende Personen(gruppen) hinzugezogen werden:
1. Pädagogische Leitung
2. Elternbeirat
3. Träger

Der gesamte Beschwerdevorgang wird protokolliert.
Beschwerden können mündlich oder schriftlich (auch anonym), per E-Mail oder durch ein Telefonat an das Team oder die päd. Leitung herangetragen werden. Weitere Gelegenheiten sind die monatlichen Elterngespräche, durch persönliche Ansprache beim Bringen und Abholen.
Der Elternbeirat dient als Bindeglied zwischen Eltern und Team und Eltern und Vorstand und kann jederzeit angesprochen werden.

Ziel unseres Beschwerdemanagements ist es Zufriedenheit wieder herzustellen.

Beschwerdemanagement mit den Kindern:
- Das Kind wird gesehen und mit seinem Problem wahrgenommen
- Im persönlichen, vertrauensvollen Gespräch zwischen Kind und Kindern und Pädagogen/Innen.

Dabei werden Konflikte, Sorgen und Ängste behutsam behandelt
- Im Morgenkreis
- Der Kinderkonferenz

Beschwerdemanagement mit dem Team:

Wöchentliche Teamtreffen mit ehrlichem Austausch.
- Respektvolle Annahme
- Offene Kommunikation
- Wir dürfen Fehler machen
- Ich-Botschaften und direkte Ansprache
- Sachlicher Umgang mit Beschwerden
- Verbindliche Lösung finden